Märchen modern inszenieren…

Märchen eignen sich wunderbar für die szenische Arbeit. Sie erfreuen sich allgemeiner Bekanntheit, haben klare Konflikte, Kontraste und Entwicklungen und Figuren mit klaren Antrieben und Eigenheiten.

In dieser Übung wollen wir ein paar bekannte Märchen auf die Bühne bringen und sie dabei ein Stück weit in unsere Welt holen.

Zunächst einmal eine kleine Auswahl an Märchen.

Die Prinzessin auf der Erbse

Ein Prinz wünscht sich nichts sehnlicher, als eine echte Prinzessin zu heiraten – keine, die nur so tut, sondern eine, die wirklich „edel“ ist. Er reist durch viele Länder und trifft zahlreiche Prinzessinnen, doch immer fehlt etwas: mal Benehmen, mal Echtheit, mal die rechte Art. Enttäuscht kehrt er heim.

Eines Abends tobt ein schweres Unwetter, als es an das Schlosstor klopft. Draußen steht ein völlig durchnässtes Mädchen, das behauptet, eine Prinzessin zu sein. Skeptisch, aber neugierig, lässt die Königin sie eintreten und beschließt, sie auf die Probe zu stellen. Heimlich legt sie eine kleine Erbse auf den Boden des Bettes und türmt darauf zwanzig Matratzen und zwanzig Daunendecken.

Am nächsten Morgen wird die Prinzessin gefragt, wie sie geschlafen habe. Sie klagt über furchtbar unbequeme Betten und blaue Flecken, weil sie auf etwas Hartem gelegen habe. Da wissen alle: Nur eine „wahre Prinzessin“ könne so empfindsam sein, dass sie eine einzelne Erbse durch so viele Schichten hindurch spürt.

Der Prinz erkennt in ihr die Richtige, sie heiraten – und die berühmte Erbse wird als Andenken in der königlichen Kunstkammer aufbewahrt.

Thema: Echtheit, Sensibilität und der Wunsch, das Wahre vom Schein zu unterscheiden.
Symbol: Die Erbse – als Prüfstein für innere Wahrheit und feine Wahrnehmung.

Rotkäppchen

Märchen Rotkäppchen handelt von einem jungen Mädchen, das immer ein rotes Käppchen trägt. 

Eines Tages will sie ihrer kranken Großmutter Kuchen und Wein bringen. Auf dem Weg begegnet sie dem bösen Wolf. Der Wolf ist so hungrig, dass er plant, wie er Rotkäppchen am besten fressen kann. Er macht Rotkäppchen auf die schönen Blumen am Wegesrand aufmerksam. Während Rotkäppchen einen Strauß pflückt, eilt der Wolf zum Haus der Großmutter und frisst sie. Anschließend zieht er sich ihre Kleider an und legt sich in ihr Bett. Als Rotkäppchen das Haus der Großmutter betritt, erkennt sie den Wolf nicht und wird ebenfalls gefressen. Daraufhin schläft der Wolf ein. 

Dem Jäger, der an dem Haus der Großmutter vorbeikommt, fällt das laute Schnarchen auf. Als er nach der Großmutter schauen will, entdeckt er den schlafenden Wolf im Bett. Er schneidet dem Wolf den Bauch auf und holte das noch lebende Rotkäppchen und die noch lebende Großmutter heraus. Danach füllen sie den Bauch des Wolfes mit Steinen. Als dieser erwacht und wegspringen will, stürzt er zu Tode.

Zentrale Themen: Gehorsam und Verführung, Unschuld und Erfahrung, Gefahr und Rettung.

Aschenputtel

Ein junges Mädchen verliert früh ihre Mutter. Auf dem Sterbebett bittet die Mutter sie, immer fromm und gut zu bleiben – dann werde Gott sie schützen. Der Vater heiratet wieder, doch die neue Frau bringt zwei hochmütige Töchter mit, die Aschenputtel verachten. Sie muss alle Hausarbeiten verrichten, in der Asche schlafen und wird verspottet – daher ihr Name.

Trotz ihrer harten Arbeit bleibt Aschenputtel freundlich und geduldig. Oft geht sie zum Grab ihrer Mutter und weint dort. Aus dem Grab wächst ein Haselbaum, auf den sich weiße Vögel setzen, die ihr Wünsche erfüllen.

Als der König ein großes Fest ausrichtet, um eine Braut für seinen Sohn zu finden, dürfen alle jungen Frauen des Landes kommen – nur Aschenputtel soll daheimbleiben. Doch die Vögel bringen ihr prächtige Kleider und goldene Schuhe. So erscheint sie unerkannt auf dem Fest, tanzt mit dem Prinzen und verschwindet rechtzeitig, bevor jemand ihre Herkunft erfährt. Das wiederholt sich drei Abende lang.

Am dritten Abend verliert sie beim Davonlaufen einen goldenen Schuh. Der Prinz sucht im ganzen Land nach der geheimnisvollen Tänzerin: Nur derjenige Fuß, dem der Schuh passt, soll seine Trägerin verraten. Die Stiefschwestern versuchen es vergeblich – eine schneidet sich sogar ein Stück der Ferse ab, eine andere die Zehe. Doch die Vögel verraten den Betrug. Schließlich probiert Aschenputtel den Schuh an – er passt perfekt. Der Prinz erkennt sie und nimmt sie zur Frau.

Zur Hochzeit erscheinen auch die Stiefschwestern, doch die Vögel picken ihnen zur Strafe die Augen aus – ein grausames, aber typisches Märchenende, das Gerechtigkeit herstellt.

Thema: Gerechtigkeit, innere Reinheit, Geduld und Selbstbehauptung trotz Unterdrückung.
Symbol: Der Schuh – er steht für die Einzigartigkeit des eigenen Wesens.

Rumpelstilzchen

Ein Müller will Eindruck schinden und prahlt vor dem König, seine Tochter könne Stroh zu Gold spinnen. Der König, gierig und misstrauisch zugleich, lässt das Mädchen holen, sperrt sie in eine Kammer voller Stroh und befiehlt: Bis zum Morgen soll alles zu Gold gesponnen sein – sonst sei sie des Todes.

Blöd gelaufen. Verzweifelt sitzt die Müllerstochter nun da, bis plötzlich ein seltsames kleines Männchen erscheint. Es bietet ihr Hilfe an – gegen Bezahlung. Sie gibt ihm ihre Halskette, und das Männchen spinnt das Stroh zu Gold. Am nächsten Tag wiederholt sich das Spiel: eine größere Kammer, mehr Stroh, und sie muss ihr Schmuckstück hergeben. In der dritten Nacht, in der größten Kammer, verlangt das Wesen ihren Ring – doch sie hat nichts mehr. Da fordert es ihr erstes Kind, falls sie einmal Königin werde. Aus Angst stimmt sie zu. Wieder verwandelt das Männchen das Stroh in Gold.

Der König ist begeistert und heiratet sie. Bald darauf bekommt sie ein Kind – und das kleine Wesen steht wieder vor ihr, um seinen Lohn zu holen. Entsetzt bittet sie um Gnade. Da lässt sich das Männchen auf einen Handel ein: Wenn sie binnen drei Tagen seinen Namen errät, darf sie ihr Kind behalten.

Sie versucht es mit allen möglichen Namen, doch keiner stimmt. Am dritten Tag kehrt ein Bote zurück, der das Männchen im Wald tanzen und singen gehört hat:

„Ach, wie gut, dass niemand weiß,
dass ich Rumpelstilzchen heiß!“

Mit diesem Wissen konfrontiert sie das Wesen – und als sie den Namen ausspricht, schreit es vor Wut, stampft mit dem Fuß auf den Boden, reißt sich in der Mitte entzwei und verschwindet.

Thema: Macht, Gier, Angst und der Wert von Wissen.
Symbol: Der Name – wer den Namen kennt, erkennt das Wesen und entzieht ihm die Macht.

Schneewittchen

Es war einmal eine Königin, die sich beim Nähen in den Finger stach. Drei Blutstropfen fielen in den Schnee, und sie wünschte sich ein Kind, „so weiß wie Schnee, so rot wie Blut und so schwarz wie Ebenholz“. Bald darauf bekam sie eine Tochter, doch die Königin starb kurz nach der Geburt.

Der König heiratete wieder – eine stolze, schöne und eitle Frau. Sie besaß einen Zauberspiegel, den sie täglich fragte:

„Spieglein, Spieglein an der Wand,
wer ist die Schönste im ganzen Land?“

Solange der Spiegel sie zur Schönsten erklärte, war sie zufrieden. Doch eines Tages antwortete er, Schneewittchen sei nun viiiiel schöner. Da wurde die Königin rasend vor Neid und befahl einem Jäger, das Mädchen in den Wald zu führen und zu töten. Dort fleht das anmutige Schneewittchen aber um ihr Leben, und der Jäger, dessen Herz erweicht, lässt sie laufen.

Im Wald findet sie Zuflucht in einem kleinen Haus, das sieben Zwergen gehört. Sie darf dort bleiben, wenn sie den Haushalt führt. Die böse Königin erfährt jedoch durch ihren Spiegel, dass Schneewittchen noch lebt. Dreimal versucht sie, das Mädchen zu töten – zuerst mit einem Schnürriemen, dann mit einem giftigen Kamm, schließlich mit einem vergifteten Apfel. Beim dritten Mal fällt Schneewittchen wie tot zu Boden. Die Zwerge legen sie in einen gläsernen Sarg, weil sie so schön aussieht.

Eines Tages kommt ein Prinz vorbei, sieht Schneewittchen und verliebt sich sofort. Als seine Diener den Sarg tragen, löst sich das Apfelstück aus Schneewittchens Hals – sie erwacht. Der Prinz nimmt sie mit auf sein Schloss. Zur Hochzeit wird auch die Stiefmutter eingeladen. Als sie in den Spiegel schaut und erfährt, dass die junge Königin die Schönste ist, überfällt sie Wut und Scham. Sie erscheint dennoch – und wird zur Strafe gezwungen, in glühenden Eisenschuhen zu tanzen, bis sie tot umfällt.

Thema: Neid, Unschuld, Schönheit und die Bedrohung durch Eitelkeit und Macht.
Symbol: Der Spiegel – er steht für Selbstbild, Wahrheit und Täuschung.

Inszenierungsauftrag für euch!

Wählt euch ein Märchen aus!

Eure Aufgabe ist es, dieses Märchen in die heutige Zeit zu bringen – also eine moderne Version daraus zu machen.

So geht ihr vor

Märchen verstehen!

Sprecht kurz über euer Märchen:

  • Worum geht es?
  • Wer sind die wichtigsten Figuren?
  • Was ist das Hauptthema oder Problem?

Modern denken!

Überlegt gemeinsam:

  • Wo könnte die Geschichte heute spielen? (z. B. Schule, Social Media, Casting-Show, WG, Großstadt …)
  • Welche Figuren braucht ihr – und wie würden sie heute aussehen oder reden?
  • Was bleibt gleich, was verändert ihr?

Szenenidee entwickeln!

Überlegt euch eine kurze Szene, in der man euer modernes Märchen erkennt.

Achtet darauf, dass:

  • klar wird, welches Märchen ihr meint,
  • eine kleine Handlung passiert,
  • alle Gruppenmitglieder eine Rolle haben.

Vorbereitung!

  • Gebt eurer Szene einen Titel.
  • Übt sie so, dass ihr sie dem Kurs vorspielen  könnt. Prägt euch Text so ein, dass ihr ihn nicht ablesen müsst- haltet ihn einfach oder improvisiert,

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